Villa Pisani
Die prächtigste Villa am Brenta-Ufer, Villa Pisani „La Nazionale” in Stra, wurde im 18. Jahrhundert auf Wunsch der reichen und bekannten venezianischen Familie Pisani erbaut.
Obwohl die Familie zu dieser Zeit bereits zahlreiche Landgüter besaß, gab der Doge Almorò Pisani bei dem Architekten Girolamo Frigimelica aus Padova im Jahre 1735 den Neubau in Auftrag. Von dem ersten Entwurf wurden jedoch nur die Reitställe und einige Ziergebäude der Gartenanlage verwirklicht. Die endgültige Realisierung des Projekts lag in den Händen des Architekten Francesco Maria Preti.
Mit dem Untergang der Republik Venedigs, wurde die Villa an Napoleone Bonaparte verkauft, der sie an den Vizekönig von Italien, Eugenio Beauharnais, verschenkte.
Im Jahre 1814 ging der Besitz an den Kaiser von Österreich und schließlich, im Jahre 1866 an das Haus Savoyen, welches 1882 die Villa Pisani dem italienischen Staat vermachte.
Architektur
Das Bauwerk von monumentalen Ausmaßen erhebt sich auf einem rechteckigen Grundriss, mit zwei Innenhöfen, welche von einem Säulengang getrennt werden. Oberhalb des Säulengangs liegt der majestätische Festsaal, das Herz der Anlage.
Die Villa wendet sich mit einer eindrucksvollen Fassade der Straße zu: Der zentrale Baukörper wird von einem repräsentativen Balkon betont, der von vier massigen Hermen gestützt wird. Im Piano Nobile gliedern acht Halbsäulen korinthischer Ordnung die Wandfläche. Auf dem Gebälk, verziert mit einer von Putten getragenen Blumengirlande, ruht das dreieckige Tympanon, wiederum mit Statuen geschmückt.
Bewegter und verspielter sind die barocken Verzierungen des Gartens, die Reitställe und die Türmchen entlang der Umzäunung. Das Wasserbecken dagegen, welches sich geradlinig vom Hauptgebäude in nördlicher Richtung in den Garten erstreckt, ist eine Ergänzung aus jüngster Zeit.
Auf beiden Seiten der Villa kennzeichnen kunstvoll geschmiedete Eisentore den Zugang zum Park. Nicht weit vom rechten Gartentor, zwischen den Hecken versteckt, steht die von Giovanni Bonazza um etwa 1718 entworfene Marmorstatue des „Apoll”.
In der Mitte des Parks erhebt sich ein kleiner künstlicher Hügel, in dem sich die „Eisgrotte” befindet – ein noch von G. Frigimelica ersonnener Ort des Rückzugs von der Sommerhitze.
In nordöstlicher Richtung erstreckt sich die Gartenmauer und dort befindet sich auch der Eingang zur Orangerie.
Gegenüber dem Hauptgebäude, am anderen Ende des Wasserbeckens, liegen die Pferdeställe – die wichtigste Anlage von G. Frigimelica im Park.
Die Innenräume und die Zimmer
Im Inneren bilden die Eingangshalle und der Festsaal einen zentralen, von zwei Nebenräumen flankierten Raumkomplex, der sich über zwei Stockwerke erstreckt. Über eine Prunktreppe gelangt man in den ersten Stock. Die Decke des Treppenhauses ist mit einem Fresko von Jacopo Guarana geschmückt, das Allegorien darstellt. Alle Räume sind durch einen Korridor, der sich um die beiden Höfe herumzieht, verbunden.
Das erste Zimmer, welches der Gast durchschreitet, zeigt das Deckenfresko „Der Triumph der Künste” von Crosato. Im zweiten Zimmer sind auch die Wände fast vollständig mit Fresken bemalt und die von reich ornamentierten Rahmen versehenen Wandfelder zeigen Szenen aus dem Bacchus-Mythus. Das Deckenfresko „Der Triumph des Bacchus” gibt das typische Thema der Apotheose der Gottheit wieder, während die Wandflächen mit Darstellungen von Trink- und Tanzszenen vor allem durch die phantasievollen Landschaften beeindrucken. Die Dekoration, aus dem Jahre 1770, stammt von Jacopo Guarana.
Es folgt eine Reihe von drei Zimmern, die im Empire-Stil eingerichtet sind und durch die man in das „Dogen-Zimmer” gelangt: So genannt, wegen der Marmorbüsten, die verschiedene Dogen repräsentieren und weiterer in Relief gemalter Szenen. Im nächsten Zimmer befindet sich das von Jacopo Amigoni auf Leinwand gemalte Deckenbild „Das Urteil des Paris”. Der anschließende Raum, auch „Zimmer der Tugenden”, erhielt seinen Namen aufgrund des Deckengemäldes von Jacopo Guarana, welches die Tugenden darstellt. Die Wände zeigen Allegorien der freien Künste, Werke von P.A. Novelli und G. Diziani.
Der große, mit Fresken dekorierte Ballsaal wird primär von den wuchtigen, auf die Wände gemalten Säulen strukturiert. Mit sicherer Hand gemalt, stellen die illusionistischen Fresken den architektonischen Rahmen für das zentrale Deckenfresko mit der „Glorie der Familie Pisani”. Es zeigt die wichtigsten Familienmitglieder, begleitet von Personifikationen der Künste, der Wissenschaft, des Friedens und im Vordergrund, die Macht und die Mutter Gottes, welche wohlwollend auf die Familie hinab sieht. Die Personifikation des Ruhmes dagegen verkündet in der ganzen Welt, dargestellt durch Vertreter aller damals bekannter Kontinente, den Verdienst und die Macht der Pisani. Das beeindruckende Fresko wurde zwischen 1760 und 1762 von Gianbattista Tiepolo, kurz vor seiner Abreise nach Spanien, gemalt. Auch die von Gian Domenico Tiepolo monochrom gehaltenen Fresken auf der Empore sind erwähnenswert.
Der Park
Im ungefähr zehn Hektar großen Park befinden sich die diversen Gartengebäude. Unter ihnen stechen vor allem die Pferdeställe hervor, mit ihrer eindrucksvollen und theatralischen Fassadengestaltung. Die sanft geschwungenen Seitenflügel binden das Wirtschaftsgebäude harmonisch in die nach vitruv’schen Ideal gestaltete Gartenanlage ein.
Ein weiteres Element mit symbolischem Anspruch, ist das Labyrinth. Bereits Bestandteil des ersten Entwurfs, war es ursprünglich eine kreisförmige Anlage und Ausdruck des Suchens und Findens der „Weisheit”, verkörpert durch den Turm in der Mitte. Über eine sich wie ein doppeltes Gewinde an der Außenwand hochschraubende Treppe erreicht man schließlich die zentrale Statue der Göttin der Weisheit, Minerva.
Die Freude an dem spielerischen Verstecken, Finden und Eintauchen der Personen in illusionistische Welten – mit Anspielungen an Malerei und Skulptur – findet sich auch in der bizarren, halbrunden und hexagonalen Bauform, in der eine schneckenartige Treppe auf eine Aussichtsplattform führt. Der kreisförmige Durchbruch in der Mitte der Plattform erlaubt den Untenstehenden, die Gesichter und Körper der oben stehenden Besucher aus einer Perspektive wahrzunehmen, die an berühmte illusionistische Gemälde von Mantegna oder Correggio erinnern.
Dieser halbkreisförmige Bau ist gleichzeitig das Zentrum des Parks, um das sich die Kennzeichen der Fluchtpunkte, die die Gesamtkomposition der Anlage gliedern, strahlenartig anordnen: Fixpunkte, wie die Orangerie, die Skulpturengruppen des Bonazza und die Tore der Parkmauer, unter denen sich besonders das so genannte „Belvedere”-Tor hervorhebt. Dieses auch als Aussichtspunkt dienende Tor besteht aus zwei separaten Aufgängen, die sich um die beiden links und rechts das Tor flankierende Kolossalsäulen winden und aus einem Aussichtsbalkon mit Baldachin.