Villa Widmann
Der Gebäudekomplex von Villa, Wirtschaftsgebäude und Oratorium wurde in der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts im Auftrag der Familie Sceriman in einer damals unter dem Namen „La Riscossa“ bekannten Gegend erbaut. Die Familie Sceriman – Adlige persischen Ursprungs – war durch erfolgreichen Handel zu Reichtum gekommen. Ein Vorfahre hatte das Gelände der heutigen Villa Widmann Foscari bereits 100 Jahre zuvor der Familie Donà abgekauft.
Zwei alte Bauten, die in direkter Nähe der Villa standen (einer davon wurde seinerzeit von den Foscari abgerissen), trugen noch das Wappen der Vorgänger. Auf dem Gelände „La Riscossa“ entstand aber nicht nur die herrschaftliche Villa – ein auffallend einfacher kubischer Bau -, sondern es wurden auch ein imposantes Wirtschaftsgebäude mit einem wuchtigen Laubengang und eine kleine Kirche errichtet. Das Datum der Fertigstellung der Gebäude ist über dem Eingangstor zum Festsaal der Villa verewigt. Einige in die Mauern der Wirtschaftsbauten eingefügte ältere Steine führen zu der Annahme, dass der Neubau auf den Ruinen einer älteren Anlage errichtet wurden. Wahrscheinlich gehörten die Vorgängerbauten zum ehemaligen Besitz der Familie der Moro, da im Innenhof des Wirtschaftsgebäudes sich noch immer das Relief des Wappen erhalten hat.
In einem Druck von Costa, „Ansicht (Vedute) des Palastes der herrschaftlichen Familie Seriman“, bekommt man einen Eindruck von der urspruenglichen Konzeption der Anlage. Auf dem Bild erkennt man leicht das Herrenhaus, links der Mündung des Flüsschens Ponca in den Brenta. Rechts der Flussmündung erhebt sich das Wirtschaftshaus mit seinen breiten Arkaden, die sich auf beiden Flanken des Gebäudes anlehnen. Noch etwas weiter rechts, leicht abseits, erkennt man die kleine Kirche.
Der Grundriss der Villa war von Anfang an quadratisch. Man nimmt an, dass die Pläne noch vom Architekt Andrea Tirali (1657-1737) stammen. Die Vermutung stützt sich auf prägnante stilistische Ähnlichkeiten dieser Bauten mit anderen Gebäuden, die dem venezianischen Künstler sicher zugeschrieben sind. Betrachtet man den Grundriss, wird die von Einfachheit geprägte innere Struktur des Herrschaftshauses deutlich: Durch ein Atrium im Erdgeschoss betritt man einen zentralen Festsaal, um den sich ringsum vier weitere Zimmer reihen.
Im Laufe der Zeit hat die Sommervilla der Familie Sceriman jedoch ihr Gesicht verändert.
Anfang der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts geht der Besitz der Anlage an die Familie Widmann über, die das Herrenhaus im Stile des französischen Rokokos umgestalteten und einige Modernisierungsmaßnahmen vornahmen. Sie erweiterten zuerst das Wirtschaftshaus, wodurch es heute direkt an die Kirche anschließt. Die folgenden Erweiterungsarbeiten an der Villa umfassten die Anhebung des zentralen Gebäudeteils, der Verzierung der Fassade mit einem verschnörkelten Tympanon, dem Durchbruch einiger Fensteröffnungen und in der Ausschmückung der vorhandenen Gliederungselemente nach der aktuellen Mode des Rokokos. Im großen Saal wurde die Decke abgerissen, um den Raum zu vergrößern, und im zweiten Stock wurden einige Schlafzimmer ausgebaut. Alle Räume wurden wundervoll mit wertvollen Stuckarbeiten und Fresken dekoriert.
Im Oratorium der Kirche wurde ebenfalls ein Raum angefügt, der vom Kirchenraum mit einem Gitter abgetrennt wurde. Vermutlich diente der Bereich hauptsächlich dem Gebet und der Beichte der Frauen.
Einer der vielen berühmten Gästen der Villa, war der ruhmreiche Komödiendichter und enge Freund von Ludovico Widmann, Carlo Goldoni. Er verweilte oft für viele Wochen bei der Familie Widmann (meist in der Villa von Bagnoli), wie Goldoni selbst in seinen „Erinnerungen“ berichtet. Weitere bedeutende Gäste waren der damalige Patriarch von Venedig, Kardinal Sarto, die Musiker Malipiero und Igor Stravinski, sowie der Mundartdichter Pasto. Auch der Schriftsteller Gabriele D’Annuncio, ein enger Freund des Conte Pietro Foscari, war öfters in der Villa zu Besuch.
Seit 1984 befindet sich die Villa im Besitz der Provinz von Venedig.
Der Garten
Im Norden der Villa erstreckt sich der große Park, reich an Zierpflanzen, -büschen und Blumen. Gegen das dunkle Grün der Pinien setzen sich zahlreiche in hellem Stein gearbeitete Statuen ab. Dargestellt sind Götter, Nymphen, Amorini mit Pfeil und Bogen: stumme Repräsentanten der vergangenen Fabelwelt der Antike. Alte Linden säumen die Wege und auf der rechten Seite, in einem weiten, von Gewächshäusern begrenzten Feld hinter dem Wirtschaftsgebäude, wurde in den 70ger Jahren ein Schwimmbecken eingelassen. Aus dieser Zeit stammen auch einige neue Wege, der große Teich und der Springbrunnen.
Der Festsaal
Obwohl von eher bescheidenen Ausmaßen, bietet der Festsaal der Villa Widmann dem Besucher einen Reichtum an Dekoration, mit dem sich nur wenige entlang des Brenta messen können. Der Saal ist vollständig mit Fresken ausgemalt, die Szenen der Mythologie darstellen, und üppige Voluten, typisch für die Zeit des Rokoko, ranken sich um die Bilder. Eine kleine Galerie, die auf halber Höhe alle vier Wände entlang läuft, verleiht dem Raum eine eigene Note. Vier Vorsprünge in den Ecken boten Platz für die Musiker während der Empfänge und rauschenden Feste. Zwei Darstellungen vom Maler Giuseppe Angeli (1712 – 1798) sind besonders hervorzuheben: „Der Raub der Helena“ ist eine Interpretation der alten Geschichte von Homer. Der junge Paris packt mit festem Griff die schöne Helena, um sie auf sein Schiff zu entführen, welches schon zur Abfahrt bereitliegt: zwei Matrosen richten den Mast auf, während andere das Segel setzen. Formal ist die Komposition in das Schema einer Pyramide eingepasst, während der rasche und präzise Pinselstrich die Dynamik der Szene unterstreicht. „Diana mit Amorini“ zeigt dagegen die Göttin, welche gerade von ihrem Wagen gestiegen ist, um sich – begleitet von niedlichen Amorini – auf weißen Wolken auszuruhen. Am unteren Rand des Bildes tragen zwei fliegende Putti eine große mit Blumen gefüllte Vase.